Dienstag, 31. Juli 2007

Milch – der pure Luxus?

Wer die derzeitigen Nachrichten über die Preisexplosion von Milch und Milchprodukten verfolgt, der staunt nicht schlecht! Kennen tut man das doch nur bei Strom- und Öl-Preisen. Die Preise sollen bis zu 50% steigen. Begründet wird dies mit der großen weltweiten Nachfrage, insbesondere Indiens und Chinas. Da drängen einem sich doch gleich zwei Fragen auf:

  1. Ist die Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) nicht in Asien stark verbreitet?
  2. Was ist mit dem Milchsee und dem Butterberg und den EU-Subventionen?

Zu 1.
Als ich die Meldung hörte musste ich sofort an meinen chinesischen Arbeitskollegen denken, mit dem ich in verschieden Projekten schon zusammengearbeitet habe. In diesem Zusammenhang erinnerte ich mich an zwei „Eigenheiten“ meines Kollegen:
Zum einen ging er jeden Abend zu McDonalds essen und zum anderen trank er keine Milch.

Tatsächlich können in Asien zwischen 80 - 100% der Erwachsenen keine Milch vertragen [1]. Dennoch können Milchprodukte wie Käse oder Jogurt in geringen Mengen konsumiert werden. Weiterhin wird Laktose vielen Produkten wie Brot, Teig, Eiscreme zugesetzt.
Mein Kollege berichtete mir von seinem kürzlichen Besuch in Shanghai. Die McDonalds-Filialen seien der Renner dort und wohl auch in ganz China. Er würde zwar häufig dort essen, allerdings nicht sehr viel. Das vertrüge er nicht.

Zu 2.
Milchquote und Agrar-Subvention
Es herrscht kein Mangel an Milch, sondern der weltweite Bedarf ist gestiegen. Denn seit nunmehr 20 Jahren wird durch die Milchquote die zu produzierende Milchmenge bestimmt[2,4]. Die Milchquote garantiert gesetzlich die Abnahme einer festgelegten Milchmenge zum festgelegten hohen Preis! Damals sollte sie die Überproduktion von Milch und Milchprodukten, daher die Begriffe „Milchsee“ und „Butterberg“, verhindert werden. Das ist jetzt gelungen!

Die Kehrseite dieser Regelung: eine Ausweitung der Produktion ist nicht so ohne weiteres möglich. Ein Landwirt, der mehr Milch produziert als es seine Quote erlaubt, muss empfindliche Strafen zahlen (Superabgabe).

Exportsubvention
Überschüssige Milchprodukte werden exportiert und mittels Exportsubventionen unter die Weltmarktpreise gedrückt. Hier ein Rechenbeispiel von Misereor:

Der 25-Kilo-Sack Milchpulver kostet 78 Euro, bis er beispielsweise in Burkina Faso angekommen ist. Zu diesem Preis wäre er dort aber unverkäuflich. Exportsubventionen verbilligen den Preis eines Liters Milch aus europäischem Milchpulver auf 30 Cent. Heimische Milch dagegen kostet mehr als das Doppelte. Klar, dass die afrikanischen Viehzüchter vom Markt verdrängt werden und oft aufgeben müssen. [8]

Die EU-Billig-Importe setzten die betroffene Länder unter erheblichen Druck. Mit dem fatalen Ergebnis:
Laut Schätzungen von NRO-Studien hat die Subventionierung der europäischen Milchwirtschaft durch die EU in Asien und Afrika zu einer Reduktion der Milchproduktion von bis zu 50% geführt.[9]


--> Somit subventioniert man als EU-Bürger nicht nur die Verknappung von Milch(-produkten), sondern auch die Verteuerung der Milch(-produkte) und (be)zahlt obendrein in mehrfacher Hinsicht!


Die Frage, die sich letztendlich einem stellt, ist doch, ob die Preisexplosion gerechtfertigt ist. Betrachtet man einen Preisanstieg, der sich plötzlich bis zu 50% bewegt und bedenkt man, dass Ende Juli die Preisbindung für Butter ausläuft, was zu einer Preiserhöhung von ca. 40% führt[3], dann hat man doch so seine berechtigten Zweifel! Dazu passt auch der Kommentar von Manfred Schöpe (Agrarexperte am Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung)[5]:
Generelle Preissteigerungen bei Milchprodukten um 50 Prozent sind natürlich grober Unsinn.

Den angemessen Preisanstieg beziffert Ulrike Höfken (Grüne) auf „etwa zehn bis höchstens 20 Prozent" [6]. Das Kartellamt hat eine Überprüfung der Preise angekündigt [7].

Wie hoch die Nachfrage nach Milch(-produkten) tatsächlich gestiegen ist, ging aus keiner Meldung hervor!

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Links

[1] Wikipedia: Laktoseintoleranz
[2] Wikipedia: Milchquote
[3] Welt-Online: Butter wird fast 40 Prozent teurer
[4] Welt-Online: Der Fluch der Quote
[5] Welt-Online: „Der Handel nutzt die Situation dreist aus"
[6] Tagesspiegel-Online: Politik greift Milchhändler an
[7] Focus-Online: Kartellamt will Preise überprüfen
[8] TAZ-Online: 03.2006 Europas Bauern haben ihre Ruhe
[9] Misereo-Online: 07.2005 Fallbeispiel Milch


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

dachte, milchprodukte liegen nicht so in der asiatischen geschmacksrichtung ...